Polizei an der deutsch-deutschen Grenze 1945-1951

08.11.2010 | Kategorien: PoliZeitGeschichten
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Autor: Volker Dowidat

Sofort nach dem Sieg über Deutschland, das am 9. Mai 1945 bedingungslos kapituliert hatte, setzten die Siegermächte ihren schon auf der Konferenz von Jalta gefassten Plan um, das Land in vier Besatzungszonen aufzuteilen. Dabei folgte der Verlauf der Demarkationslinien zwischen den Zonen den alten deutschen Verwaltungsgrenzen. Damit sollte u. a. eine Zerschlagung des zentralistischen Nazi-Systems erreicht werden. Aber auch ein militärisches Wiedererstarken sollte unbedingt verhindert werden. Letztlich wollten sich die Sieger aber auch Reparationen aus ihren jeweiligen Zonen sichern, was in der Folge zu Demontagen von Industrieanlagen führte und im zerstörten Land einen wirtschaftlichen Niedergang auslöste. Insbesondere in der sowjetische Zone, wo in den ersten Nachkriegsjahren etwa 80 Prozent der Industrieanlagen abgebaut und in die Sowjetunion und ihre verbündeten Staaten abtransportiert wurden. Als Folge flohen in den nächsten Jahren monatlich mehr als 15.000 Menschen in den Teil Deutschlands, der ihnen neben der Freiheit von ideologischen Zwängen auch eine wirtschaftliche Zukunft verhieß.

Um ihre Ziele durchzusetzen, war es anfangs untersagt, und auch tatsächlich kaum möglich, von einer Besatzungszone in die andere zu reisen. Kontrolliert und verhindert wurde dies von den jeweiligen Besatzungsmächten durch strenge Kontrollen. Im Juli 1945 übernahm die Britische Armee in ihrer Besatzungszone, die die Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen umfasste, die Grenzkontrollen. Dazu wurde eigens der British Frontier Service -BFS- gegründet.

Bald zeigte sich aber, dass ein wirtschaftlicher Aufbau und eine hinreichende Versorgung der Bevölkerung nur gewährleistet werden konnte, wenn die Beschränkungen aufgehoben wurden. Für wirtschaftliche Belange sah das Potsdamer Abkommen vom August 1945 daher den „Kleinen Grenzverkehr“ vor. So war es ab dem Frühjahr 1946 allen Einwohnern der grenznahen Regionen gestattet, in die andere Zone zu reisen. In der Folge führte dies zu einer Vielzahl von Pendlern, bei denen z. B. Wohnort und Arbeitsstelle in verschiedenen Zonen lagen. Erforderlich war dafür allerdings ein Passierschein. Trotzdem gab es weiterhin Grenzkontrollen, die vor allem dem Auffinden von Schmuggelgut und damit der Verhinderung von Großschiebereien dienten.

Verhindert werden sollte aber auch der unkontrollierte Zuzug von Menschen, die angesichts der wirtschaftlichen Lage kaum versorgt werden konnten. Diese Maßnahmen konnten jedoch nicht verhindern, dass es vor allem an der Grenze zur sowjetischen Zone einen regen Verkehr von illegalen Grenzgängern gab. Die teilweise katastrophale Versorgungslage in ihrer Zone veranlasste viele Bewohner, ihrer Heimat den Rücken zu kehren und über die „Grüne Grenze“ in die Westzonen zu fliehen oder zumindest Dinge des täglichen Bedarfs in den Westzonen zu besorgen.

Wegen ihrer guten Ortskenntnis, aber auch weil sie die Gewohnheiten der Grenzbewacher kannten, boten gegen entsprechende Entlohnung viele der grenznah Wohnenden ihre Dienste als Führer an und verhalfen anderen zur Flucht. Diese Situation zog aber auch kriminelles Gesindel an, das die hilf- und schutzlose Situation von Grenzgängern ausnutzte und selbst vor Raubmord nicht zurück schreckte.

Waren sich die Sieger während des Krieges noch einig in ihren Zielen, so wuchs auf Seiten der westlichen Alliierten zunehmend das Misstrauen gegenüber der sowjetischen Expansionspolitik Stalins. Bis zum Jahr 1948 hatten sich die Beziehungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion immer weiter abgekühlt. Es gab keinen gemeinsamen Gegner mehr; aus der Kooperation gegen Deutschland war eine Konfrontation geworden. Nach dem Scheitern der Außenministerkonferenzen in Moskau und London 1947 und der Schaffung einer westlichen „Tri-Zone“ verließ im März 1948 der sowjetische Vertreter den Alliierten Kontrollrat. Damit war der Versuch, eine alliierte Zentralverwaltung für Deutschland zu schaffen, endgültig gescheitert.

Da die Wirtschaft noch immer mit der maroden Reichsmark arbeitete, hatte sich die wirtschaftliche Lage kaum gebessert. Die Westmächte handelten und verkündeten am 21. Juni 1948 eine Währungsreform. Es kam zum völligen Bruch mit der Sowjetunion. In den drei Westzonen waren Dank Währungsreform und Marshallplan-Hilfe die entscheidenden wirtschaftliche Impulse gegeben worden. Als Antwort darauf verhängte die Sowjetunion drei Tage später die ‚Berlin-Blockade‘. Der Kalte Krieg war endgültig entbrannt. Auf der einen Seite die ‚Freie Welt‘ mit ihrer demokratischen und marktwirtschaftlichen Werteordnung, auf der anderen Seite das Imperium Stalins mit seiner aggressiven, nach Weltherrschaft strebenden Ideologie.

Um ihre militärischen Einheiten für andere Aufgaben frei zu bekommen, beauftragte die Britische Militärregierung im Juni 1947 in Schleswig-Holstein und Niedersachsen die Polizei mit der Überwachung der Grenze zur sowjetischen Zone.

In der sowjetischen Zone war bereits im Sommer 1946 mit dem Aufbau einer deutschen Grenzpolizei begonnen worden. Hatte sie 1947 noch eine Stärke von 4.000 Mann, so war sie Anfang 1949 auf 13.000 und bis 1950 auf etwa 16.800 Mann aufgestockt worden. Im Herbst 1952 betrug sie bereits 35.000 Mann.

Die Quellenlage zu diesem Thema ist dürftig. Die weitere Betrachtung bezieht sich daher auf den damaligen Polizeibezirk Braunschweig-Land, der identisch war mit dem Verwaltungsbezirk Braunschweig. Dieser Bezirk umfasste die Landkreise Salzgitter, Goslar, Braunschweig, Gandersheim, Helmstedt, Wolfenbüttel und damit eine Gesamtfläche von 3000 qkm. Für den Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig hieß dies, dass 189 Kilometer Grenze überwacht werden mussten. Für diese Aufgabe wurden 523 Polizeibeamte herangezogen. Organisatorisch lag die Leitung beim ‚Chef der Polizei‘ des Verwaltungsbezirks in Braunschweig und in der nächsten Ebene bei den drei Polizeiabschnitten mit Grenzen zur sowjetischen Zone: Helmstedt, Wolfenbüttel und Goslar. Ab dem Jahr 1947 bestanden im Gebiet des Verwaltungsbezirks Braunschweig insgesamt 50 Polizeigrenzdienstellen entlang der Zonengrenze.

Die Polizeistärke im Bezirk betrug insgesamt 1367 Beamte, einschließlich 16 weibliche und 85 Kriminalbeamte. Davon wurden, wie erwähnt, allein 523 Beamte im Grenzdienst eingesetzt.

Die Polizei, die sich in jenen Tagen über mangelnde Arbeit nicht beklagen konnte, musste nun eine Vielzahl von Beamten für diese Aufgabe abstellen. Doch die Polizei war dieser Aufgabe allein zahlenmäßig nicht gewachsen und die politischen Spannungen verschärften sich immer mehr. Die britische Militärregierung entschloss sich daher 1948, die Grenzaufsicht an der Grenze zur Sowjetzone zu übernehmen. Gegründet wurde der Frontier Control Service -FCS-, der die Aufgaben des Zolls
übernahm. Der reine Grenzschutz blieb Aufgabe der Polizei. Im Jahrbuch des Polizeibezirks Braunschweig-Land des Jahres 1948 heißt es:

„Hart an der Zonengrenze besetzen diese Polizeibeamten Grenzstützpunkte, die in günstig gelegenen Ortschaften, in einzelnen Gebäuden oder in besonders erstellten Grenzwachhäuschen eingerichtet sind. So zieht sich im Norden bei Rühen bis zum südlichsten Punkt in Walkenried ein Kordon von Stützpunkten hin. Von diesen aus versehen die Grenzpolizeibeamten unter Anlehnung an die nachbarlichen Stützpunkte ihren Posten- und Streifendienst.“

Im Jahrbuch des Polizeibezirks Braunschweig-Land des Jahres 1949 heißt es hinsichtlich der Tätigkeiten an der Grenze u. a.:

„Im Berichtsjahr überschritten 157 Ostzonenpolizisten die Zonengrenze im Grenzbereich des Polizeibezirks, um im Bundesgebiet zu bleiben. Weiter erfolgt eine Auflistung von Waren, die über die Grenze geschmuggelt werden sollten und von der Polizei sichergestellt wurden: Ärztliche Instrumente, Arzneien, Autos, Fahrräder, Backwaren, Bekleidung, Drogen, Farben, Lacke, Foto- und Filmmaterial, Eisen- und Stahlwaren, Fleisch- und Wurstwaren, Kaffee, Konfitüren, Süßwaren, Maschinen, Molkereiwaren, Südfrüchte, Sämereien, optische Instrumente, Tabakwaren, Papier, Schuhe, Lederwaren, Spirituosen, Speiseöle und -fette, Teppiche, Gardinen, Toiletten- und Waschartikel, lebendes Vieh u. a. m.“

Weiter heißt es dort:

„Gerade in diesem Raum, in dem ständig ein Wechsel krimineller Elemente aller Zonen stattfindet, ist eine besonders eingehende Überwachung des Personenverkehrs notwendig. Außerdem führen unzählige illegale Grenzgänger unberechtigt zum Schaden der heimischen Geschäftswelt und zum Nachteil des Bundesstaates große Mengen Waren aller Art in das Bundesgebiet ein. Ferner wird durch den anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen aus der Sowjetzone die Zahl der Erwerbslosen erhöht und dadurch die Notlage der schon vorhandenen Vertriebenen und Flüchtlinge vergrößert.“

Der illegale Grenzübertritt war verboten. Dass dennoch ein reger Verkehr über die Zonengrenze stattfand, war schon damals ein offenes Geheimnis. Da die Grenze durch unwegsames und waldreiches Gebiet führte, war eine lückenlose Überwachung faktisch nicht möglich. So berichtet die Braunschweiger Zeitung vom 8. August 1946 unter der Überschrift

„Grenzführer als Diebe“
„Die sogenannte schwarze Grenzführung hat sich in der Helmstedter Gegend zu einem einträglichen Beruf entwickelt. Es ist bekannt, daß eine ganze Reihe von Personen aus der Not eine Tugend gemacht hat und gegen mehr oder weniger hohe Honorare Flüchtlinge aus der Ostzone oder Leute, die aus geschäftlichen oder privaten Gründen in die Ostzone reisen wollen, zum Grenzübertritt verhilft. (…) Wenn man für die Tätigkeit des Grenzführers angesichts der Lage schon ein gewisses Verständnis aufbringen kann, so ist das ganz und gar nicht der Fall gegenüber den dunklen Elementen, die die oftmals günstige Gelegenheit benutzen, sich verbrecherisch in den Besitz der Flüchtlinge zu setzen, die zumeist ihre letzte, sorgsam gehütete Habe bei sich tragen und immer wieder darum geprellt werden.“

Berichte über derartige Vorfälle, bei denen ganze Familien um ihre letzte Habe gebracht wurden, finden sich in den Zeitungen jener Jahre fast täglich.

Aber auch vor Mord wurde nicht zurück geschreckt. Es verging fast keine Woche, in der nicht an der Zonengrenze Leichen gefunden wurden. Es waren zumeist Flüchtlinge, die, wenn sie sich gegenüber den kriminellen Grenzführern zur Wehr setzten, mit dem Leben bezahlten. Allerdings muss man hier auch anmerken, dass eine Vielzahl dieser Täter ermittelt werden konnte. Die Grenzführer hielten sich meist in Gaststätten und auf den Bahnhöfen an der Grenze auf und machten sich oft verdächtig, weil sie plötzlich im Besitz von Sachen waren, die sie unter normalen Umständen nicht besitzen konnten. Erschwert wurden die Ermittlungen der Polizei allerdings dadurch, dass die ostdeutschen Behörden jede Zusammenarbeit ablehnten.

Vom Zusammenbruch bis zum Jahresende 1945 geschahen im Landkreis Helmstedt 13 Morde, 1946 waren es sogar 20, 1947 nur noch neun und danach jeweils nur noch fünf. An Raubüberfällen wurden 1945 im Landkreis Helmstedt 300 bekannt. Als Vergleich dazu: 1954 waren es noch drei.

Der bekannteste Fall ist zweifellos der des Rudolf Pleil, der gemeinsam mit zwei Komplizen mindestens 11 Morde an der Zonengrenze verübt hat. Pleil bot sich insbesondere Frauen gegenüber als Grenzführer an und nutzte ihre Hilflosigkeit aus, um sie zu berauben, zu vergewaltigen und schließlich zu töten.

Festgenommen wurde Pleil allerdings zunächst wegen eines Mordes an einem Kaufmann aus Hamburg. Den hatte er in der Nähe von Zorge mit einem Beil erschlagen und zerstückelt. Das Beil hatte er am Tatort zurückgelassen. Pleil arbeitete damals als Waldarbeiter im Harz, ein Kollege von ihm erkannte das Beil. Als Pleil von einem seiner Grenzgänge ahnungslos zurückkehrte, wurde er festgenommen. Das Braunschweiger Landgericht verurteilt ihn daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren, ohne zu ahnen, dass Pleil auch der gesuchte Frauenmörder war. Aus der Haft heraus bewarb sich Pleil auf einen Posten als Henker, wozu anzumerken ist, dass die Todesstrafe nach alliiertem Recht noch bis zur Gründung der Bundesrepublik verhängt wurde. Wegen seiner zahlreichen Tötungen bezeichnete er sich selbst als geeignet für diese Aufgabe und führte die Ermittler auf diese Weise zu einem Brunnen in der Nähe von Vienenburg, in den er zwei Leichen geworfen hatte. Danach gestand Pleil noch weitere Morde. Die Aufmerksamkeit, die ihm jetzt durch die Presse zuteil wurde, genoss er. Er schrieb ein dreibändiges Tagebuch, in dem er insgesamt 26 Frauenmorde schilderte und überschrieb es mit dem Titel „Mein Kampf“. 1950 wurde ihm in Braunschweig erneut der Prozess gemacht. Elf Morde konnten ihm nachgewiesen werden. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. 1958 beging er in seiner Zelle Selbstmord.

Nicht unerwähnt soll hier bleiben, dass auch vier Polizeibeamte an der Zonengrenze ihr Leben ließen. Sie wurden bei Schießereien mit Schmugglern getötet oder bei angeblichen Grenzverletzungen von sowjetischen Soldaten erschossen. Ein Beamter wurde im Juli 1948 von einem ostdeutschem Polizisten erschossen, als er in Zivilkleidung über die Grenze gegangen war, um seine dort lagernden Möbel zu holen.

Wie bereits geschildert, verhärteten sich die Gegensätze zwischen den drei westlichen Alliierten auf der einen Seite und der Sowjetunion auf der anderen immer mehr. Während sich der Aufbau einer polizeilichen Struktur in den Westzonen nach demokratischen Grundsätzen in kleinen Polizeibezirken vollzog, begann im Ostteil des geteilten Landes der rasche, zentralistisch gesteuerte Aufbau von Polizeiverbänden. D. h., die drei Westalliierten sorgten durch den Aufbau von lokalen Polizeien und überschaubaren Polizeibezirken für möglichst viel dezentrale Organisation. Hintergrund waren die noch immer bestehenden Bedenken gegen große bewaffnete Einheiten. An eine Militarisierung der drei Westzonen war noch lange nicht zu denken.

Andererseits hatten die Westalliierten ein Interesse daran, ihre drei Zonen nicht ihrem Schicksal zu überlassen, sondern als Partner in ihre Reihen zu holen. So tagte zu dieser Zeit bereits der Parlamentarische Rat mit dem Auftrag, ein Grundgesetz für die damals noch bestehende Tri-Zone zu schaffen.

Zu den Polizeibefugnissen der zukünftigen Bundesregierung richteten die drei westlichen Militärgouverneure eine Botschaft an den Parlamentarischen Rat. In diesem sog. Polizeibrief vom 14. April 1949 stellten sie u. a. fest:

  1. Der Bundesregierung ist es gestattet, unverzüglich Bundesorgane zur Verfolgung von Gesetzesübertretungen und Bundespolizeibehörden auf folgendem Gebiet zu errichten: a. Überwachung des Personen- und Güterverkehrs bei dem Überschreiten der Bundesgrenzen …

  2. Keine Bundespolizeibehörde darf Befehlsgewalt über Landes- und Ortspolizeibehörden besitzen.

Der Parlamentarische Rat legte aufgrund dieser und anderer Vorgaben in Art. 73 Ziff. 5 Grundgesetz (Ausschließlich Gesetzgebung des Bundes) und Art. 87 (1) Grundgesetz (Bundeseigene Verwaltung) fest, dass durch Bundesgesetz Bundesgrenzschutzbehörden und Bundeskriminalamt als Sonderpolizeibehörden des Bundes in bundeseigener Verwaltung eingerichtet werden können. Im übrigen sieht Art. 30 Grundgesetz vor, dass die sog. Polizeihoheit Sache der Länder ist.

Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft. In der Präambel stellt es fest: „Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war. Das deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.“

Mit dem Ausbruch des Koreakrieges im Juni 1950 zeichnete sich für Europa die Gefahr eines erneuten Weltkrieges ab. Auf dem Gebiet der nicht souveränen Bundesrepublik standen weder eine eigene Armee noch kasernierte Polizeiverbände zur Aufrechterhaltung der äußeren und inneren Sicherheit zu Verfügung.

Zu diesem Zeitpunkt verfügte die damalige sowjetisch besetzte Zone (SBZ) und spätere DDR bereits über bewaffnete Kräfte in einer Stärke von

ca. 170.000 Mann. Davon
ca. 80.000 Mann Deutsche Volkspolizei
ca. 60.000 Mann Kasernierte Volkspolizei als Kader der späteren NVA
ca. 18.000 Mann Grenzpolizei (später: NVA-Kommando Grenze bzw. Grenztruppen der DDR)
ca. 11.000 Mann Transportpolizei
ergänzt wurden diese Einheiten durch Kräfte des Ministeriums für Staatssicherheit.

In der Bundesrepublik wurde der Aufbau einer kasernierten, zentral geführten Bundespolizei indes von den drei Westalliierten am 28. Juli 1950 abgelehnt. Genehmigt wurde hingegen der Aufbau mobiler Polizeikräfte der Länder in einer Stärke von 10.000 Mann. Es ist die Geburtsstunde der Bereitschaftspolizei.

In einem Memorandum zur inneren und äußeren Sicherheit vom 29. August 1950 wies Bundeskanzler Adenauer auf die wachsende Beunruhigung der bundesdeutschen Bevölkerung angesichts der starken militärischen Präsenz in der DDR hin und verlangte eine Verstärkung der alliierten Truppen zum Schutz der Bundesrepublik. Hingewiesen wurde auch auf die schwachen Polizeikräfte, die nicht in der Lage seien, einen wirksamen Schutz an der Ostgrenze zu bilden. Adenauer schlug deshalb vor, eine Schutzpolizei in einer Stärke aufzustellen, die eine hinreichende Gewähr für die innere Sicherheit zu bieten vermochte.

Auf der New Yorker Außenministerkonferenz über Deutschland am 19. September 1950 kam man überein, dass die Bundesrepublik Deutschland auf Länderebene eine Bereitschaftspolizei von insgesamt 30.000 Mann aufstellen durfte. Aufgrund dessen kam es bereits am 27. Oktober 1950 zum 1. Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den Ländern und in der Folge zur Aufstellung der Bereitschaftspolizeien in den Ländern mit einer Stärke von 10.000 Beamten. Dieses Abkommen ist im Grundsatz bis heute in Kraft, d. h. der Bund stellt bis heute die Ausstattung der Bereitschaftspolizeien der Länder, z. B. Kraftfahrzeuge und technische Ausstattung. Die Länder stellen die Beamten, Unterkünfte usw.

Nach einer Kontrovers geführten Debatte, in der auch die Rede von einer Bundes-Bereitschaftspolizei war, wurde am 15. Februar.1951 das „Gesetz über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden“ als Sonderpolizei des Bundes mit einem sachlich und örtlich begrenzten polizeilichen Aufgaben und Zuständigkeitsbereich durch den Deutschen Bundestag mit großer Mehrheit angenommen. Seine Stärke wurde zunächst auf 10.000 Mann festgelegt und truppenmäßig gegliedert.

Das Gesetz trat am 16. März 1951 in Kraft.

Unmittelbar danach begannen Einstellungen in den Bundesgrenzschutz. Eingestellt werden konnten unbescholtene Deutsche, die mindestens ein Jahr im Bundesgebiet wohnten und die körperlichen und geistigen Einstellungsvoraussetzungen erfüllten.

Bereits im Sommer des Jahres 1951 nahmen die ersten Einheiten ihren Dienst an der Grenze auf.

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