Geschichte der Polizei Delmenhorst
Autor: Manfred Rautenberg
Am 31.03.1690 diktiert der „oberste Dienstherr der Delmenhorster Polizei“ an seinem Amtssitz in Copenhagen: „Wir, Christian der Fünfte, König von Gottes Gnaden…“
In dieser Urkunde regelt er Marktfragen in Delmenhorst und auch die damit verbundenen Sicherheitsfragen. Er spricht hier noch von „Civil- und Militärbeamten“, die mit diesem Aufgaben betraut sind. Eine Polizei im heutigen Sinne existiert noch nicht. Die aber durchaus vorhandenen polizeilichen Themen werden „quasi im Nebenamt“ miterledigt. Auch der Begriff der „Policey“ hat noch eine andere Bedeutung.
Ein Vorbote der heutigen Polizei ist das Amt des Polizeidieners, welches ab 1700 in größeren Städten des Oldenburger Landes zu finden ist, anfänglich noch ohne Uniform.
Hundert Jahre später bringen die Ideen der Aufklärung und die französische Revolution Bewegung in die Entwicklung: Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht entstehen. In Frankreich hatte es eine eigenständige Polizei schon seit 1373 gegeben, die „connetablie‘ et marechausse’e de France“, die sicherlich als Vorbild für die hiesige Polizei gedient haben dürfte. 1786 werden im Oldenburger Land die „Polizeidragoner“ gegründet, die in der kurzen Phase der französischen Besetzung aufgelöst werden. Die polizeilichen Belange in dieser Zeit werden von der“Gendarmerie Imperial“ in Bremen geregelt.
Herzog Johann Peter Ludwig knüpft 1817 wieder an die Ursprünge an und unterschreibt 1817 die grundlegende Verfügung für das „Oldenburger Landdragonerkorps“, aus dem erst lange Jahre später (1867) das „Oldenburger Gendarmeriekorps“ entsteht. Der Begriff der Gendarmerie leitet sich aus dem französischen Ausdruck „gens d’armes“ für bewaffnete Männer/Leute ab.
Überall im Oldenburger Land, also auch in Delmenhorst, sind kleine Abteilungen von Dragonern und später Gendarmen stationiert. Anfänglich ist der Standort des Berittes Delmenhorst an der Landesgrenze zu Bremen in Varrelgraben und von dort werden Patrouillen zur Eindämmung des Landstreicherunwesens geritten. In der Stadt dürfte nur ein Stadtdiener und die Nachtwächter Polizeidienst versehen haben. Neben dem miltärischen Vorgesetzten sind die Dragoner/Gendarmen auch dem zivilen Vorgesetzten, dem Vorsteher des jeweiligen Großherzoglichen Amtes unterstellt, in dessen Amt anfänglich noch die Ämter des Verwaltungschefs, des Polizeichefs und des Richters vereint sind. 1858 werden die Funktionen getrennt.
Einer der prägenden Persönlichkeiten der damaligen Polizeigeschichte des Oldenburger Landes war Johann Ludwig Mosle, der über lange Jahre (1828-1870) Kommandeur der Landdragoner und späteren Gendarmerie war und sich um deren Weiterentwicklung verdient gemacht hat. Die Stadt Oldenburg ehrt ihn mit der Benennung einer Straße, der „Moslestraße“ in der Nähe des Bahnhofes.
Der Sitz des Amtes Delmenhorst liegt gegen Ende des 19. Jahrhunderts an der Langen Straße 54-56 und von dort wird die Stadt und das Umland verwaltet. Heute kreuzt dort die Friedrich-Ebert-Allee.
1899 ist die Delmenhorster Polizeidienststelle im alten Rathaus, recht bescheiden im Zimmer Nr. 8 untergebracht.
Nachdem Delmenhorst zur Stadt erster Klasse erklärt worden ist, wird 1903 auch eine eigene Stadtpolizei gegründet und die räumlichen Bedürfnisse der Polizei steigen und als 1914 ein modernes neues Rathaus in Delmenhorst gebaut wird, ziehen Stadtpolizei und Gendarmerie in den Seitenflügel des heutigen Standesamtes ein.
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges kommen weiterhin unruhige Zeiten auf die Delmenhorster Polizei zu und die Lage scheint von der Polizei nicht mehr zu bewältigen zu sein, was dazu führt, dass 1919 in Delmenhorst eine offizielle Bürgerwehr aufgestellt wird, die aber nicht lange Bestand hat.
Die neu aufgestellte Oldenburger Ordnungspolizei unterstützt zunächst phasenweise und ab 1923 wird die Delmenhorster Polizei regulär verstärkt. Die 3. Revierhundertschaft der Ordnungspolizei Oldenburg wird in Delmenhorst stationiert und der Bedarf an Diensträumen wächst.
Am 08. April 1927 zieht die Polizei um, in den Neubau an der Gartenstraße, dem heutigen Stadthaus 1. Die Gendarmerie verbleibt im Seitenflügel des Rathauses.
Zur Verdeutlichung sei an dieser Stelle erwähnt, dass in dieser Zeit drei Polizeien in Delmenhorst Dienst versehen haben:
- Stadtpolizei
- Gendarmerie
- Ordnungspolizei, die auch die Führungsfunktion für das Umland innehatten.
Die ab 1933 herrschende Zeit des Nationalsozialismus wirkt sich auch auf die Polizei aus, sie wird ab 1937 stärker vereinheitlicht und u.a.mit einer einheitlichen Uniform versehen.
Im Dienstgebäude Gartenstraße ist neben der Ordnungspolizei auch die GeStaPo (Delmenhorster Kreisblatt 15.08.2007) mit vier Beamten untergebracht, die von 1933 bis 1943 von dort aus ihr unheilvolles Wirken entfaltet. Ab 1943 wird diese Dienststelle nach Bremen verlegt. Wie überall im Reich wird auch in Delmenhorst eine Polizeireservekompagnie aufgestellt, deren Einheitsbezeichnung und Verwendung noch ungeklärt ist.
Am 09.11.1938 setzen SA- Männer die Synagoge der Jüdischen Gemeinde in der Cramerstraße 20a in Brand (Brand der Synagoge 09.11.2010 NWZ) und Polizei und Feuerwehr greifen weisungsgemäß nicht ein. Im Nachgang setzt eine Verhaftungswelle von jüdischen Mitbürgern aus Delmenhorst, Ganderkesee und Wildeshausen ein. Allein von den 180 Delmenhorster Gemeindemitgliedern finden 75 den Tod in Konzentrations-und Vernichtungslagern. Heute erinnern Gedenksteine und Tafeln an die Geschehnisse.
Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dieser Phase der Polizeigeschichte darf nicht unerwähnt bleiben, dass es auch Widerstand gegen die staatliche Politik gab, die aber letztendlich nur eine geringe Rolle gespielt hat. Die DK Medien GmbH & Co. KG Delmenhorst stellt dazu freundlicherweise einen Artikel zur Verfügung, der diesen Aspekt beleuchtet:
DK Medien GmbH & Co. KG – Delmenhorster Kreisblatt, Datum 23.09.2023, Artikel Paul Wilhelm Glöckner.
Nach der Kapitulation 1945 erhält die Delmenhorster Polizei wieder einen neuen Dienstherrn, diesmal in Gestalt der britischen Militärverwaltung, die ihren Sitz im Rathaus hat. Auch versieht die Polizei ihren Dienst jetzt in englischen Uniformen.
Die Gendarmerie bzw. Polizei wird entnazifiziert, was die Entlassung von rund einem Drittel der Beamten bedeutet, und als Organisation aufgelöst. Es erfolgen mindestens drei Verurteilungen wegen begangener Verbrechen bzw. Kriegsverbrechen. Die Einheitspolizei des neu geschaffenen Landes Niedersachsen entsteht.
Das Organigramm von 1958 verzeichnet in Delmenhorst ein 2. Polizeirevier (Stedinger Str.), welches später aufgelöst wird. Auch werden Räumlichkeiten einer ehemaligen Schuhfabrik am Uferweg 15 von Beamten des Ermittlungsdienstes genutzt . Später wird dieses Gebäude von der neu aufgestellten motorisierten Verkehrspolizeistaffel Delmenhorst übernommen. Die Polizei wächst weiter, braucht mehr Platz und zieht am 01.03.1967 von dem Dienstgebäude Gartenstraße in die ehemalige Berufsschule an ihren heutigen Standort, der Markstraße 6. Auch hier ist es schnell beengt und phasenweise (80er Jahre) wird eine Wohnung im City-Center für die Beamten der Einsatz-und Ausbildungsstaffel angemietet. Ebenfalls aus Platzgründen werden in den 80er Jahren Teile der Polizei, der damalige Polizeiabschnitt Delmenhorst, für einige Jahre in das Gebäude der ehemaligen Post, an der Louisenstraße 35, ausgelagert.
Die Kriminalpolizeiinspektion und die Schutzpolizeiinspektion Delmenhorst verbleiben an der Marktstraße.
Heute sind Schutz-und Kriminalpolizei organisatorisch und tatsächlich unter einem Dach in einem modernen Bau am Standort Marktstraße 6/7 untergebracht.
Polizeistation Ganderkesee
Rautenberg, PHK